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Originalklang-Project
“Wenn ich einen leisen, verhaltenen Ton hervorbringen will, lasse ich ihn nicht ein Instrument spielen, das ihn leicht hergibt, sondern lege ihn in jenes, welches ihn nur mit Anstrengung und gezwungen, ja oft mit Überanstrengung und Überschreitung seiner natürlichen Grenzen zu geben vermag.
So müssen mir Bässe und Fagott oft in den höchsten Tönen quieken (!), die Flöte tief unten pusten… “
Gustav Mahler
Die Gustav Mahler Academy brachte im September 2022 Gustav Mahlers Neunte Sinfonie erstmals seit ihrer Uraufführung 1912 auf Originalinstrumenten zur Aufführung.
Das Projekt
Das Originalklang-Project des Mahler Academy Orchestras unter der Leitung von Philipp von Steinaecker erweckt die Musik der Wiener Jahrhundertwende auf historischen Instrumenten zu neuem Leben. Für dieses einzigartige Projekt treffen die 45 Studenten der Gustav Mahler Academy, hochbegabte junge Musiker aus ganz Europa, die aus mehr als 800 Bewerbern ausgewählt wurden, mit herausragenden Musikern aus Europas Top-Ensembles in Bozen und Toblach zusammen. Gemeinsam werden sie auf Wiener Originalinstrumenten von 1900 historische Spieltechniken des Fin de Siècle neu erlernen und sich in einer Reihe von Kammermusikkonzerten dem Repertoire dieser Epoche annähern. Am 8., 9. und 10. September 2022 wird dann die Neunte Sinfonie von Gustav Mahler weltweit erstmalig seit ihrer Uraufführung 1912 auf Originalinstrumenten erklingen.
Die Produktion des Originalklang-Project hat die Busoni-Mahler Stiftung inne, in enger Zusammenarbeit mit der Stiftung Euregio-Kulturzentrum Gustav Mahler Toblach-Dolomiten.
Wissenschaft
Damit die neuesten Erkenntnisse zur historischen Aufführungspraxis in Wien zwischen 1890 und 1910 in die Arbeit der MusikerInnen einfließen können, arbeitet die Gustav Mahler Academy eng mit Prof. Dr. Clive Brown zusammen, der als führender Spezialist auf dem Gebiet der Aufführungspraxis romantischer Musik die Arbeit des Orchesters begleiten und die Musiker in Workshops und Gruppenproben instruieren wird.
„Unsere Vorstellung eines schönen und sprechenden musikalischen Vortrags ist in ständigem Wandel begriffen. Im Laufe der Zeit kann es dabei geschehen, dass wir Klänge aus dem Auge verlieren, die subtiler sind als jene, die sie ersetzt haben, oder dass uns das Wissen um Ausdrucksmöglichkeiten verloren geht, die selbst in den detaillierten Partituren Mahlers nur zwischen den Zeilen impliziert sind. Diese Klänge und Ausdrucksmöglichkeiten wiederzuentdecken und sie kreativ zu nutzen, kann der Musik jene Frische und Wirkung zurückgeben, die durch technologische Entwicklungen und durch die zeitfremde Lesart von Mahlers Notation verloren gegangen sind.”
Prof. Dr. Clive Brown
Instrumente
Als Teil ihrer Partnerschaft mit der Gustav Mahler Academy hat die Stiftung Euregio Kulturzentrum Toblach mit dem Aufbau einer Instrumentensammlung für das Originalklang-Project begonnen, für die das Instrumentarium des Wiener Hofopernorchesters um 1910 akribisch rekonstruiert wird. Die Stiftung hat Blas-und Schlaginstrumente gekauft und restauriert oder, in einigen wenigen Fällen, exakte Kopien anfertigen lassen. Die Streicher ziehen Darmsaiten auf ihre Instrumente und passen ihre Technik den damaligen Gegebenheiten an.
Originalklang heute
Toblach, traditionsreicher historischer Urlaubsort am Fuße der Dolomiten, ist ein zutiefst symbolischer Ort: Gustav Mahler schrieb hier seine letzten drei Symphonien und markierte damit, wenige Jahre bevor einige der erbittertsten Schlachten des Ersten Weltkriegs in den umliegenden Bergen ausgetragen wurden, das Ende der romantischen Epoche.
In Toblach – einem der zentralen Schauplätze des Ersten Weltkrieges, an einem der Verwerfungsgräben der europäischen Geschichte – entsteht so ein generationsübergreifendes, gesamteuropäisches Orchester, dessen MusikerInnen gemeinsam den Intentionen Gustav Mahlers auf den Grund gehen. Dafür blicken sie weit in die Musikgeschichte zurück, um daraus Wissen und Inspiration für die Gegenwart zu schöpfen.
Philipp von Steinaecker
Gustav Mahlers Musik ist heute Teil unserer westlichen Identität. Aber kennen wir sie wirklich? Wissen wir, wie sie klang, als sie uraufgeführt wurde, oder sogar wie sie in Mahlers Kopf geklungen haben mag, als er sie zum ersten Mal in Toblach hörte? Unsere diesbezüglichen Erwartungen zu hinterfragen bedeutet auch, unser Verständnis von Geschichte, Tradition und Identität neu zu überdenken.
Musiker
Chiara Tonelli
Soloflötistin Mahler Chamber Orchestra
Sebastian Sima
Solo-Oboist Orchester der Wiener Staatsoper
Robert Oberaigner
Soloklarinettist Staatskapelle Dresden
Giorgio Mandolesi
Solofagottist Orchestre de Paris
Peter Dorfmayr
Solohornist Wiener Symphoniker
David Guerrier
Solotrompeter Orchestre National de France
Walther Voglmayer
Soloposaunist Wiener Symphoniker
Afanasy Chupin
guest leader MCO
Alexandra Preucil
Stellvertretende Konzertmeisterin Cleveland Orchestra, Mahler Chamber Orchestra
Daniel Bard
Konzertmeister Basler Kammerorchester
Massimo Spadano
Konzertmeister Orquesta de Galicia
Stefan Arzberger
Leipziger Streichquartett, Gewandhaus Orchester
Johannes Lörstad
Stimmführer 2.Geigen Royal Stockholm Philharmonic
Valérie Gillard
Violine Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Volker Jacobsen
Bratsche Artemis-Quartett
Joel Hunter
Solobratsche Mahler Chamber Orchestra
Martina Forni
Bratsche Concertgebouw Orkest
Jörg Winkler
Solobratsche Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino
Gabriele Geminiani
Solocellist Accademia Santa Cecilia
Johan van Iersel
Stellvertretender Solocellist Concertgebouw Orkest
Andreas Wylezol
Solobassist Staatskapelle Dresden
Diego Zacharies
Solobassist Balthasar-Neumann-Ensemble
Naomi Shaham
Solobassist West-Easter Divan Orchestra
Marinus Komst
Solopauker Concertgebouw Orkest
Roland Dénes
Solopauker Budapest Festival Orchestra
Ideator
Das Originalklang-Project basiert auf einer Idee des Dirigenten und Kurators der Gustav Mahler Academy Philipp von Steinaecker, der das Projekt auch musikalisch leitet. Als Gründungsmitglied des Mahler Chamber Orchestra und als gefragter Dirigent war Mahlers Musik in seinem Leben und seiner Karriere stets präsent. Als leidenschaftlicher Verfechter der historischen Aufführungspraxis bringt Philipp seine langjährige Erfahrung, undogmatische Herangehensweise und kreative Energie in diese neue Sicht auf an Mahlers Werk ein.
Philipp war erster Gastdirigent des Slowenischen Philharmonischen Orchesters und hat Orchester wie das Swedish Radio Orchestra, Maggio Musicale Fiorentino, Gürzenich Orchester Köln, Residentiee Orkest Den Haag, Mahler Chamber Orchestra, Camerata Salzburg, Scottish Chamber Orchestra, New Japan Philharmonic, Croatian Radio Orchestra und Tokyo Metropolitan Orchestra dirigiert, um nur einige zu nennen.
„Ich frage mich seit Jahren, wie die Wiener Philharmoniker um 1900 wohl geklungen haben mögen, und ich denke, es ist wichtig und längst überfällig, dass die Sorgfalt der historischen Aufführungspraxis sowie die Schönheit und der Charakter der Originalinstrumente in Mahlers Musik zum Einsatz kommen.“
Daniel Harding